Nun bin ich wieder für eine Woche bei meinem Schiff um alles, was nicht mehr funktioniert, auf Vordermann zu bringen und den Unterwasseranstrich auszubessern, wo die norwegischen Felsen ihn so unschön abgekratzt haben. Das muss ich aber erst mal zurückstellen, denn der ganze Hafen ist in einer Salzwolke eingehüllt und es bläst mit 5-6 Windstärken. Eindrucksvoll zeigen die 4-5 Meter hohen Brecher, die sich vor und in der Hafeneinfahrt brechen, dass der Hafen wohl besser nicht anzulaufen ist. Es fährt auch keiner rein oder raus.
Also erst mal Innenarbeit. Einen Platz für den Drucker, den ich seit zwei Jahren originalverpackt mit mir herumfahre, finde ich unter dem Kartentisch. Dort baue ich ein Podest und bestelle ein Brett für die neue Rückwand (ja eben mal so vom Baumarkt holen geht hier nicht). Dann geht es an die Elektrik – ein rotes Tuch für mich. Die Internetverbindung geht nicht, Ursache: die w-lan Antenne ist abgebrochen und hängt am Innenleben vom Antennenmast herunter. Notdürftig klebe ich sie wieder mit einem Klebeband zusammen, dann funktioniert sie zumindest vorläufig. Zwei Tage später allerdings schon nicht mehr. Jetzt beginnt die Suche nach dem Fehler beim Kartenplotter: Elektropaneel über dem Kartentisch abbauen, Kabel und Sicherungen prüfen- alles ok. Kabelverlauf durch die Toilette, die Backskiste (alles ausräumen!), durch die Achterkabine (alles ausräumen und die Deckenverkleidung abbauen) – prüfen alles ok. Letzte Chance: den 9-poligen Stecker abschneiden, der ist auch ok. Der Fehler liegt also in dem kurzen Stück Kabel, das durch die Steuersäule geht, d.h. Steuerrad abbauen, Steuersäule abbauen. Dafür müssen die Bodenbretter raus, d.h. der ganze Inhalt der Backskiste, Werkzeug, Farben etc muss einen anderen Platz finden. Das Chaos ist perfekt! Zum Reparieren ziehe ich das Kabel nach (Vom Kartentisch durch die Toilette, die Backskiste, die Achterkoje zur Steuersäule). Jetzt nur noch die Kabel mit dem Stecke verbinden, fertig. Fast, denn ich habe einen Kabelverbinder zu wenig an Bord. Ich mache ein deutsches Schiff im Hafen ausfindig und bekomme tatsächlich meinen Kabelverbinder –super, der Plotter geht wieder! Jetzt muss ich nur noch die Deckenverkleidung wieder einbauen. Dann kann ich die Koje putzen und die Matratzen reinlegen, damit ich wieder ein Bett habe.
Für den neuen Steuerautomat bohre ich 34 Löcher, erst mit 4mm, dann 6mm, dann 8mm, dann fällt die Platte raus. Grate abschleifen und Stahlstaub/späne entfernen. Jetzt noch 4 mal streichen, Bedienpaneel einbauen und anschließen – fertig!
Es ist Sonntag, der Wind ist nur noch eine leichte Brise, und ich gönne mir eine Auszeit. Die Sonne scheint bei 24°C und vom Atlantik kommt noch eine große Dünung rein. Mit dem Fahrrad fahre ich nach Norden durch ein riesiges Gemüseanbaugebiet – hier schmecken sogar die großen grünen Tomaten gut! Manchmal kommt ein kleiner Pinienwald oder ein Eukalyptuswald (das riecht toll!) dann kommt wieder Gemüse (riecht weniger toll). Überall sitzen die Bauersfrauen an der Straße und verkaufen Zwiebeln, Knoblauch, Kohl, Karotten und rote Kartoffeln. In dem kleinen Ort Esposende will ich eigentlich schon wieder umkehren. Da macht mich ein Haufen Autos vor einigen kleinen Bruchbuden auf einem Hügel neugierig.
Als ich hinkomme, sehe ich ca 8 kleine Fischlokale, keines breiter als 6 Meter an der Straße aufgereiht und vor jedem stehen etwa 20 bis 25 Menschen. Immer ist in der Mitte der Eingang, rechts der Grill und links der Schaukasten mit ein paar Fischen und Krebsen. Ein hilfsbereiter Portugiese erklärt mir, dass ich mich bei einem der Lokale in eine Liste eintragen muss, dann werde ich ausgerufen wenn ich dran bin. Nach einer Stunde war es dann soweit, ich bekam meinen Platz, musste im Vorbeigehen dem Mann am Grill sagen was ich haben wollte, und schon gings los. Brot und Oliven kriegt sowieso jeder, dann hab ich mir einen Teller mit Muscheln in Olivenöl ausgesucht, zwei Spieße mit Tintenfisch und Garnelen und Eiskreme mit kandiertem Zucker. Mit zwei Bier hat das nur 21 € gekostet und war sehr lecker!
Ab Montag wird der Kiel geschliffen und unendlich oft gestrichen(genauer gesagt 10 Mal!). Mit dem neuen Werkzeug –einer Schleifscheibe, die den Belag mit angesetzten Eisenstiften wegschlägt, klappt das Abschleifen tatsächlich prima. Während des tagelangen Farbe Mischens, Streichens und Rollens baue ich in der Backskiste noch ein Podest, um mein Werkzeug besser verstauen zu können. Ich hab nämlich eine neue Quelle für Bretter gefunden: ein Engländer schmeißt gerade die ganze Inneneinrichtung seines Schiffes weg, um es neu auszubauen und da sind einige brauchbare Bretter dabei. Am Dienstag kommt ein anderer Engländer – uralt mit langem Bart – mit seinem Boot an. Er braucht ewig, bis er sein Schiff festgemacht hat, dann greift er zum Stock und humpelt den Steg hinauf. Segeln kann man wohl auch noch, wenn man nicht mal mehr richtig laufen kann! Da hab ich ja noch ein paar Jahre vor mir. Meine Nachbarn, zwei Franzosen, sind mit ihrem Schiff auch schon seit 18 Jahren auf allen Meeren unterwegs und werden im Dezember wieder in die Karibik ziehen. Vielleicht treffe ich sie ja irgendwann wieder. Aber jetzt ist es erst mal Zeit nach Hause zu fliegen und Pläne für das nächste Jahr zu schmieden.