Für die 90 Meilen Überfahrt nach Korsika hatte ich 15-17 Stunden kalkuliert. Leider hat uns der Wind im Stich gelassen und wir mussten die ganze Strecke als Motorboot aus spiegelglatter See zurücklegen. Es hat immerhin den Vorteil, dass keiner Seekrank wird, wir schneller vorankommen und auch noch mittendrin einen Badestopp (Wassertiefe 2300 m, Temperatur 24,3 °C) einlegen konnten. So waren wir – nachdem wir morgens um 3:00 Uhr abgelegt hatten, schon um 18:00 Uhr in Calvi. Nach einer Dusche gabs dann ein schönes Abendessen Thunfischsteak, bzw Fischspieß.
Zum Ausgleich für die horrenden Preise (die Übernachtung hatte immerhin 72 € gekostet ging es am Sonntag zum Ankern in den Golf von Girolata. Vorbei an der grandiosen Felsenküste des Reserve Naturel de Scandola mit bizarren Auswaschungen im roten Gestein. Am Ende haben wir eine schöne kleine Bucht gefunden. Leider war das Wetter etwas trüb, sodass die Felsen im diffusen Licht ziemlich langweilig aussahen.
Dafür hat am nächsten Morgen die Sonne geschienen und wir haben die Bucht etwas fluchtartig verlassen, denn vor der Bucht hatte so eine Kleinmillionärsyacht geankert, auf der der Boss im Obergeschoss eine halbe Stunde auf dem Laufband trainiert hat (das Boot war wohl doch nicht lang genug zum Laufen), um dann in das vom Personal bereitgestellte Speed Boot zu steigen und ein paar Runden „die Sau raus zu lassen“. Inzwischen hatte dann die Stewardess den Tisch für das Frühstück gedeckt. Nun, wir haben uns die einsame Küste angeschaut – jetzt im wunderschönen Morgenlicht.
Weiter gings, die interessante Küste entlang bis wir im Golfe Sagone bei den Iles Sanguinaires wieder einen guten Ankerplatz gefunden haben. Hier war es etwas belebter, denn wir waren kurz vor Ajaccio. Gegenüber sind am Abend dann die betuchteren Ausflügler mit ihren Hubschraubern vor ihrer Wohnanlage eingetrudelt. Insgesamt haben wir 11 Hubschrauber gezählt, die in dem kleinen Privatgelände runter gegangen sind.
Nach dem Morgenschwimmen haben wir am Boot dri Quallen gesichtet. Wir müssen wohl doch wieder etwas vorsichtiger sein, wenn wir ins Wasser springen.
Nach wenigen Meilen waren wir in Ajaccio, der Geburtsstadt von Napoleon, auf den sie auch noch mächtig stolz sind. Sein Nachbar, den er wohl mal beleidigt hatte, hatte es immerhin erreicht, dass er seinen Lebensabend auf der Insel Helena im Atlantik verbringen musste. Sonst ist Ajaccio ein nettes, aber eher langweiliges Städtchen, in dem man im Sommer ziemlich geschröpft wird. Bei meinem Topf Muscheln im Restaurant war jedenfalls kein Tropfen Weinsauce drin und der Topf war auch nur halb voll.
Am Mittwoch hab ich dann in der Fischmarkthalle noch 2 Seebrassen gekauft, dann sind wir ab in eine Bucht. Das hatten sich auch 20 andere Yachten gedacht, jedenfalls war die Bucht recht voll (war aber auch recht groß). Zwei idyllische Dörfchen und einige Ferienhäuser, die sich gut in der Maccia versteckten haben einen Bilderbuchrahmen für unser Abendessen gebildet.
Am nächsten Tag sollte es nach Bonifacio gehen. Nachdem der Wind wieder aus der verkehrten Richtung kam, mussten wir dagegen an kreuzen. Anschließend ging das gekreuze weiter, weil er jedesmal, wenn wir den Kurs ändern konnten auch mitgedreht hat. Am Cap Senetosa segelten wir bei ruhiger See und 8-10 kn Wind auf „weißes Wasser“ zu. Wie mit dem Messer geschnitten, hörte die Ruhige See auf und auf einer Linie vom Cap hinaus in die Ferne, begannen die Wellen mit Schaumkronen. Wir haben vorsichtshalber festere Sachen angezogen Schwimmwesten und Gurte angeschnallt und das 2. Reff eingebunden. Nicht zu früh, denn nach ein paar hundert Metern kamen wir wirklich in die raue See mit ca. 6 Windstärken. Es hat aber trotzdem Spass gemacht und wir sind mit zwei langen Schlägen nach einem 10 stündigen Segeltag bis vor die Einfahrt von Bonifacio gekommen.
Das schluchtartige Hafenbecken hat zwar ruhiges Wasser, aber bei Ostwind kommt doch noch einiger Wind durch die Senke am Hafenende.
Der nächste Tag war ganz der interessanten Stadt auf dem Felsen gewidmet. Ein Panoramaweg mit eindrucksvollen Ausblicken auf die Felsformationen und die , auf den überkragenden Felsen stehenden Häuser geht durch die Macchia bis an die Felskanten.
Die steilen Straßen voller Restaurants und Läden wirken trotz des Touristenrummels irgendwie doch selbstverständlich und nicht so aufdringlich wie in anderen Touristenorten. Die Hälfte des Plateaus, das von den ehemaligen Kasernen belegt ist, ist z.Zt. eine große Baustelle, denn man will offensichtlich dort, in den alten Gebäuden, ein Dokuzentrum für die Militärgeschichte der Halbinsel errichten (die EU zahlt natürlich mit). Abends hab ich dann noch mal Muscheln in Weißwein-Gorgonzolasauce versucht. Diesmal absolut köstlich. 1 Kg Muscheln (der Topf war voll!) und ganz viel leckere Sauce. Frankreichs Muschel-Ehre ist gerettet!
Am Samstag sollte es nun nach Sardinien gehen. Der Wetterbericht sieht nicht besonders gut aus für die gefährlichste Meeresenge im westlichen Mittelmeer: Ostwind mit 16-20 kn (ist noch o.k.) ab 11:00 Uhr aber 26 kn. Wir sind also um 6:00 Uhr losgefahren um den leichten Wind zu nutzen. Als wir zwischen den Inseln des Maddalena Archipels nur 12-17 kn hatten, haben wir uns entschlossen bis nach Olbia weiter zu fahren.
Da der Wind wieder mal genau von vorne kam haben wir alle Segel eingeholt. Es gab nun auch schon Böen über 20 kn, aber die See war ungewöhnlich ruhig, d.h. wir hatten nur eine Wellenhöhe von 1 m (später waren es dann auch nicht mehr als 1,5 -1,8 m). Kaum waren wir aus dem Inselgewirr draußen hat es auch schon mit 28 – 34 kn gekachelt. Immer hinter irgendwelchen Landzungen oder Inselchen versteckt haben wir uns langsam bis zum Cap Figari, dem exponiertesten Punkt vorgearbeitet. Jetzt noch rum und dann in den Hafen von Olbia! Am Kap ging der Windmesser allerdings nicht mehr unter 34 kn (Windstärke 8) und die Böen erreichten sogar 54 kn (Windstärke 10, ca. 100 km/h). Wir sind trotzdem gut im alten Hafen von Olbia angekommen und haben einen sicheren Platz am Kai gefunden (ohne WC oder Dusche für 50 €!).
Am Sonntag haben wir das Boot noch in die neue Marina verlegt. Dort haben sie uns den hintersten Platz zugewiesen sodass man fast 1 km bis zum Hauptgebäude laufen muss. Horst hat deshalb fast seinen Flieger verpasst, weil er mir bis zur letzten Minute noch helfen wollte. Es hat dann gerade noch geklappt. Ich hab nun 2 Tage in Olbia verbracht, d.h. etwa 5 km außerhalb in der Marina. Es gibt aber einen kostenlosen Shuttledienst zum Einkaufszentrum und zur Stadtmitte, den ich auch ein paar Mal genutzt habe. Olbia hat im Kern eine Fußgängerzone mit Restaurants und Läden, eine historische Kirche und ein paar unscheinbare römische Steine. Sonst gehen hauptsächlich die Verkehrsadern der Insel an der Stadt entlang, oder auch mitten durch.
Nach dem Putzen, Aufräumen und Einkaufen (und Erholen von der letzten Sturmfahrt) hab ich mir einen Plan für die Überfahrt nach Rom (Fiumicino) gemacht. Für die 137 sm würde ich etwa 23 Std brauchen. Nach dem Wetterbericht sollte es überwiegend wenig Wind haben, nachts allerdings auch bis zu 20 kn. Ich fuhr also am Dienstag um 16:00 Uhr los, bei 4 kn Gegenwind – also Motor. Nach 4 Std kam über Funk eine Gewitter- und Sturmwarnung für das gesamte Gebiet, durch das ich fahren wollte (das nördliche Thyrrenische Meer). Die ganze Planung im Eimer!
Ich fuhr trotzdem durch die finstere Nacht. Erst haben sich auf meiner Nordseite drei Gewitter gebildet, die abwechselnd die Wolken hell erleuchtet haben. Ein spannendes, stundenlanges Schauspiel, das aber an den Nerven zerrt, denn ich wollte doch in sowas nicht reinfahren. Die Gewitter sind dann auch brav im Norden geblieben. Gegen Morgen hat sich noch eines auf der Südseite dazugesellt, ist mir aber auch nicht näher gekommen. Wo sieht man schon mal 4 Gewitter gleichzeitig und fährt dabei unter einem tollen Sternenhimmel dahin! Wenn ich das nur hätte genießen können, aber es lauert ja immer die Gefahr, dass die Gewitter sich vereinigen und ich mitten im Schlamassel stecke! Nun es ging gut. Ich hatte auch kaum über 20 kn Wind und morgens war schönster Sonnenschein und fast kein Wind. Eigentlich wollte ich nochmal ins Meer springen für ein Morgenbad, da kam schon wieder eine neue Sturmwarnung und ich bin lieber gleich in den Hafen eingelaufen.
Am Donnerstag konnte ich dann endlich ein Stückchen flussaufwärts mein Ziel erreichen, an dem das Boot für die nächsten Wochen liegen kann (ohne die horrenden Gebühren in den anderen Häfen). Dazu musste ich erst mal durch 2 Brücken, die nur Donnerstag bis Montag 2 Mal am Tag geöffnet werden.
Es hat geklappt und ich hab auch schon 2 Fuhren Wäsche gewaschen. Wenn‘s in drei Wochen weiter nach Süden geht, ist Gunter dabei. Ich freu mich schon drauf.