Es geht weiter nach Norden

Ganze 8 Tage haben wir in dem „gottverlassenen“ Nest Croabhaven verbracht. Erst einmal jemanden organisieren, der die Heckreling richten kann. Der Hafenmeister war uns sehr behilflich und so fanden wir dann am Dienstag (am Montag war er unerreichbar wegen der Hochzeit seiner Tochter) einen Metallbauer, der noch am Dienstag kam und sagte, es müsse alles neu gemacht werden. Er versprach uns das bis Freitag und am nächsten Tag kam tatsächlich ein Handwerker, der die Reling abschraubte und Maß nahm. Klingt einfach, aber ist es nicht, denn die Schrauben sitzen fest oder sind durch die Rammung verbogen. Außerdem muss man auch von unten dran, das heißt durch die leere Backskiste an Steuerbord (Spinnacker ausräumen, Heizung ausbauen, Schutzverkleidung abschrauben) an der Steuersäule vorbei unter der Gasflaschenbox durch auf die Backbordseite kriechen und dort die Muttern abschrauben. Na ja, nach 4 Stunden war das auch geschehen und wir hatten keine Reling mehr.

Zur Erholung fuhren wir mit dem Bus (1 km Fußmarsch bis zur Haltestelle) nach Oban, der einzigen größeren Stadt in der Nähe – 1 Std Fahrt. Dort war es endlich wieder ein bisschen lebendiger, die Fähren kommen und gehen, viele Läden haben offen und es gibt einen ausgezeichneten frischen Fisch und frische Muscheln. Da haben wir zugeschlagen und unsere Muscheln eisern gegen die gierigen Möwen verteidigt. Ein paar T-Shirts für die Enkel sind auch noch abgefallen. Schließlich haben wir in einem der großen Supermärkte noch ausgiebig eingekauft und sind mit dem Bus wieder heimgefahren.

Inzwischen hatte ich eine Adresse für meine Rettungsinsel bekommen. Eine Reparatur würde mindestens 2-3 Wochen dauern, so habe ich eine neue bestellt: 1250 £, also 1500 € mal so eben. Danach war wieder etwas Ablenkung nötig und wir fuhren mit dem Bus von der Marina (2 mal am Tag hält er hier!) nach Süden zum Crinan Kanal. Der schneidet den Mull of Kintyre ab, eine lange Landzunge die weit nach Südwesten Richtung Irland hinausragt und immer sehr schwierig zu umfahren ist. Die Wanderung an dem kleinen idyllisch gelegenen Kanal mit den großen, bei Hochwasser überfluteten Flussdeltasan beiden Enden ist wirklich eine erholsame Ablenkung! Wunderbare Ausblicke, hin und wieder eine Schleuse, an der ein paar Schiffe warten und schließlich durchfahren (alles Handbetrieb wie vor 200 Jahren) sind die Reise wert.

Mit einem kurzen Zwischenstopp in Kilmartin, das als Wiege des Schottischen Volkes gilt, fuhren wir zurück in die Marina. Im Tal von Kilmartin sind mehrere Hügelgräber und Steinkreise (insgesamt etwa 800 teils prähistorische Zeugnisse) zwischen den Hochlandrindern auf den Wiesen zu finden. Bei den Steinhügeln habe ich den Eindruck, dass man nur so viele Steine auf die Gräber der Wichtigen Persönlichkeiten gehäuft hat, damit man sicher war, dass sie nicht mehr heraus kamen.

Einen Ausflug zu Fuß nach Ardfern über den Berg war zwar auch ganz schön aber auch nur etwas zum Zeit totschlagen. Auch wenn die blühenden Sträucher und Fingerhüte durchaus sehenswert waren.

Die Rettungsinsel kam pünktlich am Donnerstagabend, nur der Handwerker kam nicht am Freitag. Auf meinen Anruf sagte er, es werde Montag. Ich wurde, glaube ich, etwas unwirsch und er kam dann am Sonntagnachmittag. Mit einer bewundernswerten Geduld hat er die neue Reling angepasst und sehr solide montiert. Wir haben dann bis 23:00 Uhr noch die Rettungsinsel angebaut, die Heizung montiert und die Backskiste eingeräumt. Endlich wieder Platz im Schiff!

Montag früh ging es endlich weiter. Leider bei absoluter Windstille, dafür haben wir uns durch einige Engstellen zwischen den kleinen Inseln getraut, die wegen der Stromschnellen sonst nicht befahrbar sind. Je nach Ausbildung heißen sie hier Whirlpool, Overfall oder Eddies. Unser Ziel war durch den Sound of Oban nach Tobermory auf der Insel Mull zu fahren. Das ist eine kleine Stadt mit bunten Häusern. Wohl deshalb will jeder dahin, weil alle anderen Orte nur graue, braune oder weiße Häuser haben.

Nach einem weiteren windstillen Tag landeten wir in Malleig, ein letztes Mal auf dem Festland. Von dort fährt eine Dampfbahn nach Fort Williams, dem Eingang zum großen Caledonean Canal, den ich vor 4 Jahren schon gefahren war. Die Bahn wird auch Harry Potter Bahn genannt, weil sie und eine schöne Bogenbrücke über die sie fährt, in der Geschichte eine wichtige Rolle spielt. Leider fuhr der Zug erst nachmittags und so haben wir uns das „dampfende“ Motorboot im Hafen angeschaut und sind dann weiter gefahren.

Wieder glattes Wasser und kein Wind! Na ja, da kommen wir wenigstens schneller zum Ziel. Zur Abwechslung passieren wir eine Brücke bevor wir in die Bucht zur Insel Sky einbiegen. Das Sonnenlicht, das endlich gegen den allgemeinen Dunst gesiegt hatte lässt die Berge grün leuchten. Ein toller Anblick.

Gestärkt von einer ausgezeichneten Lammkeule mit Bohnen und Kartoffeln (nicht zu glauben in diesem Fish and Chips Land) ging es durch relativ offenes Wasser zu den äußeren Hebrieden nach Stornoway. Wieder kein Wind, dafür unser erster Wal, bzw. mindestens 3! Dann hat uns noch ein Seehund mitleidig nachgeschaut, während ein Papageientaucher eifrig davonpaddelte. Stornoway lassen wir besser im Nebel, denn außer einigen Fastfood Läden, Kirchen und leeren Hotels hat es nichts zu bieten.

Auf zu den Faröer Inseln! Es ging relativ ruhig mit 10 kn Wind an, steigerte sich aber bald auf 16-20 kn und hatte am 2. Tag schließlich über 20 kn Wind. Der kam glücklicherweise schräg von achtern und wir segelten mit dem 2. Reff in beiden Segeln mit 7 kn und mehr durch den Atlantik! Nur die Wellen machten mir zu schaffen. Ja ich muss es zugeben, ich habe gekotzt. Nachdem ich für uns beide das Essen gekocht, das Geschirr weggeräumt und die Koje für die Nacht hergerichtet hatte, war es wohl zu viel der Schaukelei. Immerhin war ich noch einsatzfähig und habe meine Wachen auch durchgestanden. Ohne Sonne ist es bei dem Wind und 8 Grad kaltem Wasser ringsum doch ziemlich frisch auf die Dauer.Am frühen Morgen tauchte dann auch schon der erste Felsen der südlichsten Insel aus dem Dunst. Mittags konnten wir nach einer Rekordzeit von 31 Stunden für die 215 sm in Toyroyri auf Sandoroy festmachen. Heftige Böen drückten das Schiff gegen die Holzpier, aber wir hatten die erste Etappe nach Island geschafft.

Am nächsten Tag hatte Hubert starke Schmerzen in der Leistengegend und wir sind vorsichtshalber nicht weitergefahren. Die Schmerzen wurden heftiger, bis er schließlich vom Hafenmeister ins Krankenhaus gebracht wurde und nach einigen Untersuchungen heimgeschickt wurde. Am nächsten Tag wurden die Untersuchungsergebnisse bekannt und es bestand der Verdacht auf Blinddarmentzündung. Schließlich wurde er im Sanka mit der Fähre nach Torshavn gebracht und noch in der Nacht dort operiert.

Ich bin mit dem Segelboot gefolgt und hab schon unterwegs die Nachricht bekommen, dass alles gut verlaufen ist. Uii, das hätte ganz schön schief gehen können, wenn es ihn auf der 3 tägigen Überfahrt nach Island erwischt hätte!

Das Wetterfenster für die Überfahrt nach Island war weg, mein Mitsegler auch und die Zeit wegen der Reparatur und dem Krankenhausaufenthalt sowieso schon um 5 Tage überzogen. An den nächsten 10 Tagen folgt ein Tief mit Starkwind dem anderen. Was nun? Immerhin scheint Torshavn eine ganz interessante Stadt zu sein. Aber in 3 Tagen kommt Gerlinde nach Reykjavik wo wir uns treffen wollten.