Zurück in den warmen Süden

Je länger man hier im Norden ist, desto mehr wird man zum Wikinger! Nun empfinde ich schon die 14 Grad am Morgen im Boot als angenehm warm und muss nicht immer gleich die Heizung anschmeißen. Das Wasser hat auch schon 10 Grad nur die Sonne fehlt noch immer, bzw. schaut nur manchmal für einen kurzen Moment durch die dicke Wolkendecke.

Das Nordlicht, genauer gesagt die Norðlýsið, ein alter Schoner, der für Ausflugsfahrten genutzt wird, war schuld an der Verspätung des letzten Berichts. Birgir, der Besitzer hatte mich angesprochen, ob ich am nächsten Tag als Crewmitglied auf eine Tour mitfahren wollte. Ich hatte ihn schon vor der Islandtour kennen gelernt und er hatte mir den Flug dorthin vermittelt. Ich sagte spontan zu, ohne auf den Wetterbericht zu schauen.  Offensichtlich hatte er auch einige andere Segler angesprochen, denn außer mir waren noch 2 Deutsche und 3 Norweger und 2 weitere Helfer an Bord. Nun, am nächsten Tag regnete es ohne Pause wir fuhren mit etwa 15 Chinesen und ein paar anderen Touris mit Motor raus, an den Felsen entlang, die man nur auf die unteren 30 m sah und schließlich mit dem Schlauchboot in eine Grotte, wo Musik aus einem Gettoblaster gespielt wurde. Ich habe mir die Grottenfahrt gespart und lieber auf die Angler aufgepasst, die in der Zwischenzeit die Köder wässerten (ohne Erfolg). Nach 4 Stunden war alle triefend nass zurück und Birgir kochte in der Bordküche Lengfisch im Zwiebelsud mit Kartoffeln. War sehr lecker.

Am nächsten Tag habe ich mir frei genommen und das Regierungsviertel Tinganes der Färöer angeschaut. Seit 900 n.Ch. war es zunächst Versammlungsstätte der Wikinger und nachdem es 1673 fast vollständig abgebrannt war, wurde es mit den roten Regierungsgebäuden wieder aufgebaut, die heute noch da stehen und auch so genutzt werden. Die daneben stehenden Privathäuser sehen z.T. noch romantischer aus.

Nun hat mich Birgir wieder eingefangen für eine Tour nach Klaksvik, der zweitgrößten Stadt auf den Färöer. Es war ein Traumtag und wir haben sogar die Segel gesetzt (um ein bisschen Diesel zu sparen). Diesmal waren nur Ingo und ich als Helfer da und so hatten wir doch einiges zu tun, um die schwere Holzgaffel mit Segel am Mast hochzukriegen. Der Holzbalken, den ich da in der Hand halte ist übrigens das Ruder. Wir fuhren um die nächste Insel herum und holten eine Gruppe von Pfadfindern ab, die hier zu einem internationalen Treffen der Kleinstaatengruppen (unter 1 Mio Einwohner) zusammengekommen waren. Wir hatten die Färoesen und eine Gruppe aus Lichtenstein (zu erkennen an den bunten Bommelmützen) an Bord, was recht lustig war.

In Klaksvik fragte mich Birgir, ob ich auch ein Auto zurück fahren würde, denn es habe gerade einer angerufen, der mit seiner Familie mitfahren wollte und sein Auto dann gerne wieder am Hafen in Torshamn stehen hätte. So bin ich auch noch zu einer kostenlosen Spazierfahrt über drei Inseln, durch drei Tunnels und eine Brücke gekommen. 

In Torshamn zeigte sich, dass Birgir seinen Hot Pool auf dem Schiff aufgebaut hatte, den er mit dem Kühlwasser aus dem Motor auf 40° aufheizte und schließlich auch noch selbst hineinstieg. Ich hab mir das feuchtfröhliche Vergnügen verkniffen, denn am nächsten Morgen wollte ich los nach Süden. Birgir bedankte sich für meine Hilfe mit den Worten: Might you live as long as you desire and die as soon as you wish. Nun, mancher wünscht sich das glaube ich nie.

Im ersten Morgengrauen um 6 Uhr früh hab ich meinen schönen Platz vor dem deutschen Konsulat im Hafen von Torsham verlassen und bin wieder in den kalten Atlantik hinaus gefahren. Zunächst ging es im „Wellenschatten“ der südlichen Inseln entlang. Die Wolken hingen wieder tief über die Berge, doch endlich war der Wind brauchbar und er schob mich mit 7-26 kn (in dauerndem Wechsel!) zu den Orkneys.

In der Nacht schlief er dann ein und ich half mit dem Motor etwas nach. Um Mitternacht passierte ich eine Reihe von 6 Bohrtürmen – ein Lichtermeer in der finsteren Nacht! Am nächsten Tag erreichte ich Kirkwall in schönstem Sonnenschein und bei 17°C. Das hatte ich schon einige Wochen nicht mehr. Das Wasser hat auch schon kuschelige 14° und es fühlt sich an wie Sommer.

Ich genoss erst einmal die Ruhe und die Wärme. Dann besuchte ich Schottlands nördlichste Whisky Destillerie Highland Park und machte am nächsten Tag eine Rundfahrt mit dem Bus.

Stromness auf der anderen Inselseite ist ein verschlafener kleiner Ort und empfängt die Gäste, die mit der Fähre vom Festland übersetzen. Ein paar Cafes, Hotels und eine kleine Einkaufsstraße machen ein netteres Flair als Kirkwall, die Hauptstadt es hat. Bei der Rückfahrt habe ich noch eine prähistorische Ausgrabungsstätte besucht, bei der ein Professor kostenlos eine einstündige Führung durch die Ausgrabung gemacht hat. Sehr interessant was er aus den 3.500 Jahre alten Steinhaufen alles herauslesen kann. Daneben ist noch ein Kreis von aufgestellten Steinen, den manche Historiker für wichtiger als Stonehenge halten. Ich fand ihn einfach eindrucksvoll.

Der Bus fuhr weiter an das andere Ende der Insel nach St. Margaret´s Hope. Hier ist die norwegische Prinzessin Margaret 1290 gestorben, als sie auf dem Weg zu Prinz Edward war, den sie wohl heiraten sollte. Eigentlich liegt das verschlafene Dorf auf der Insel South Ronaldsay, die jedoch seit dem 2. Weltkrieg, wie auch mehrere andere Inseln, mit Steinwällen mit der Hauptinsel verbunden sind. Churchill hat dies von italienischen Kriegsgefangenen bauen lassen, um die Bucht vor den Angriffen der deutschen U-Boote zu schützen – als Straßenbaumaßnahme, denn Zwangsarbeit für Verteidigungsanlagen war ja verboten. Zusammen bilden die Inseln nun einen Ring um Scapa Flow, die Bucht, in der sich ein Großteil der Deutschen Flotte im 1. Weltkrieg selbst versenkte, als der Admiral von der Deutschen Kapitulation erfuhr. Heute kann man Tauchexpeditionen zu den versunkenen Wracks buchen.

Genug der Geschichte, wie geht es weiter. Draußen bläst der Wind mit bis zu 40 kn (Windstärke 8) durch den Hafen, soll aber in der Nacht langsam abflauen. Sollte das stimmen, geht die Reise morgen weiter nach Wick in Schottland. Den Rest entlang der Ostküste Englands und durch Holland habe ich mal zusammengestellt. Vielleicht hat ja noch jemand Lust mich ein paar Tage zu begleiten.