Wir mussten tatsächlich bis Mittwoch warten, um endlich weiter zu kommen. Am Dienstag früh sind noch zwei Segler ausgelaufen, die aber nach einer Stunde wieder da waren und von unbezwingbaren 4 Meter Wellen am Ausgang der Bucht berichteten. Hier in Padstow hat sich das gar nicht so schlimm angefühlt. Die Stadt war, genauso wie an den Tagen zuvor, wieder voller Urlauber, die an allen Ecken Fish and Chips aßen. Dabei haben sich hier die besten Köche Englands niedergelassen. Wir haben natürlich bei Rick Stein unseren frischen Fisch und Jakobsmuscheln geholt – sehr lecker! Den Dienstag haben wir denn auch so noch gut rum gekriegt.
Am Vormittag haben wir uns den Landsitz der Familie Rideaux-Bruns angeschaut. Der Garten ist etwas nachhilfebedürftig aber trotzdem recht schön. Die schön ausgestatteten Räume (Kaminzimmer, Bibliothek, Esszimmer, Tearoom etc.) werden außerhalb der Besuchszeiten noch von der Familie benutzt. Der Landsitz war auch Kulisse für eine englische Soap Serie, die wohl jeder kennen muss (hab leider vergessen, wie sie heißt).
Der Nachmittag führte uns auf die andere Seite des Flusses durch die Feriensiedlung und den Golfplatz zu einer Pilgerkapelle und wieder zurück über die Sandbänke zum provisorischen Fähranleger. Der richtige ist bei Ebbe nicht benutzbar. Inzwischen ist auch Springtide, d.h. 2 Tage nach Vollmond ist der höchste und niedrigste Wasserstand. Der Unterschied beträgt ganze 8 Meter! Da muss das Hafentor auch bei Hochwasser geschlossen werden, damit die Stadt nicht überflutet wird. Ganz schön viel Wasser, das da aus dem Atlantik in die Bucht gespült wird und wieder heraus fließt.
Am Mittwoch gings nun endlich los Richtung Südküste von Cornwall. Um 6:00 Uhr mussten wir aus dem Hafen, da das Tor danach wieder für 8 Stunden geschlossen wird. Der Wind war zwar verträglich mit 15-17 kn (5 bfts) aber die Wellen waren noch immer bis zu 3,5 m hoch und kamen schräg von vorne. Das Ergebnis war, dass Andreas und Silke das Frühstück Neptun opferten, was dann nach 6 Stunden auch geholfen hat. Beim Umrunden von Land´s End ist der Wind ganz eingeschlafen und die Wellen haben sich langsam gelegt. Andreas kann noch 2 Stunden bei schönem Wind und wenig Wellen an der Küsten nach Newlyn fahren. Der von Rosamunde Pilcher bekannte Hafen Mousehole (Anmerkung für die Piltscher Fans) konnte nicht besucht werden. Denn er fällt komplett trocken. Der nächste Hafen war so voll, dass er keine Boote mehr aufnahm, so blieb uns also Newlyn.
Zwischen 100 Fischerbooten haben wir ein Plätzchen gefunden. Die Sanitären Anlagen waren einfach aber sauber, weil sie alle Stunde mit dem dicken Wasserstrahl ausgespritzt werden – also Kloschüssel Wände Waschbecken und Boden. Abends haben wir dann in einer Art Ritterhalle mit 20 Familien zusammen gespeist bei einem Höllenlärm. Was für ein Kontrast zu dem guten Essen am nächsten Tag in Pensance, dem Nachbarort.
Am Donnerstag sind wir zur Überfahrt über den englischen Kanal gestartet (er ist eigentlich genauso sehr französisch). Bei wenig Wind sind wir die ersten Meilen gemütlich gesegelt. Dann haben wir den Motor zur Unterstützung gebraucht. Auf dem Plotter kamen auf dem Verkehrsweg (Eingang zum Verkehrstrennungsgebiet) 13 Frachter von Backbord und 11 von Steuerbord. Dazu einige unberechenbare Fischerboote. Es war richtig was los in der Nacht. Im Morgengrauen hatten wir es aber gut überstanden und fuhren ums Kap in die lange Bucht von Brest. Ohne Wellen konnten wir nochmals flott dahin segeln. Das Abschiedsessen im Hafenrestaurant beendete die ereignisreichen Wochen für Silke und Andreas. Tiden- und Stromberechnungen, Häfen mit Tidentoren, die 8 Stunden geschlossen sind 3,5 Meter Wellen, Sturm und Windstille, Regen und Sonne –es war alles dabei.
Am 29.08. war schneller Crewwechsel. Silke und Andreas flogen um 11 Uhr nach Hause, Arnold kam um 17:00 im Hafen an. Schnell hab ich noch die Einkäufe erledigt, die Wäsche gewaschen und alles geputzt. Abends haben wir gekocht, damit die Bordkassen nicht gleich wieder geleert wird. Am Sonntag machten wir den Probetörn um die Westspitze Frankreichs, dem Pointe du Raz und entlang der Südküste nach Loctudy (gegenüber von Concarneau). Beim folgenden Hafentag half uns Horst, der dort sein Sommerhäuschen hat bei den Einkäufen und hat sich auch so mit einigen Tipps beteiligt. Die Selbststeueranlage, die nicht mehr funktionierte haben wir auch ausgetauscht. Sie hat sich aber trotz aller Bemühungen am nächsten Tag nicht einstellen lassen, also Totalausfall!
Der Wetterbericht kündigt ruhiges Wetter an. So fahren wir am Dienstag um 6:30 Uhr in Loctudy los auf die große Überfahrt über die Biskaya nach Spanien. Am Nachmittag können wir etwas segeln, dann schläft der Wind wieder ein und der Motor bringt uns weiter. Wenn das so weitergeht, reicht der Sprit nicht bis zum Ziel. Am Mittwochmorgen überfahren wir das Schelfgebiet und kommen in den tiefen Atlantik. Das ist immerhin ein Höhensprung von 100 m Tiefe auf 4.800 m Tiefe. 3 oder 4 Wale tauchen plötzlich vor dem Schiff auf und schwimmen langsam davon. Delfin haben wir bis dahin öfters gesehen, aber das war schon der Höhepunkt. Um Mitternacht können wir die Genua setzen und es geht unter Segel weiter bis nach La Coruna, wo wir am Abend um 19:00 Uhr endlich ankommen.
Wie geht das denn, so 3 Tage auf See? Nun ab und zu wird Tee oder Kaffee gekocht. Einmal am Tag gibt’s eine warme Mahlzeit, z.B. Tortellini mit Tomatensauce und Salat oder Kartoffelbrei (vielen Dank für den Tipp von Florian!) mit Käse, Eiern und Salat. Das geht alles ganz prima solange das Schiff nicht zu rollen beginnt. Wenn die Wellen nämlich schräg von der Seite kommen, schaukelt sich das Schiff so richtig ein (bis 30° Neigung zu jeder Seite)bis es wieder etwas ruhiger fährt. Kaffee kochen sieht dann so aus: Wassertopf auf dem Herd, der mit schwanken kann, mit Drahtstangen einklemmen und Wasser heiß machen. Kaffeekanne in die Spüle stellen, Filter drauf und Kaffee rein. Dabei alles mit einer Hand machen, da die andere zum Festhalten benötigt wird. Sonst würde man nämlich irgendwann über den Herd fallen oder über den Kartentisch auf der anderen Seite. Dann wird das kochende Wasser aufgegossen und es folgt der kritische Moment: Die Kanne muss zurück auf den Herd in die Drahtklammer während der Filter langsam durchläuft. Wenn sich das Boot in diesem Moment überlegt, schnell mal auf der anderen Seite die Welle herunter zu segeln, saust die Kanne mit dem vollen Filter durch das Spülbecken und der Filter macht einen Salto über die Kante auf den Boden. Ergebnis: alles von vorne und 15 Minuten lang den Boden und die Schränke vom Kaffeepulver befreien – einhändig natürlich! Beim nächsten Törn gibt´s wieder Muckefuck.
La Coruna ist eine lebendige Stadt mit vielen interessanten Vierteln. Zwischen eine großen Bucht mit dem Hafen und dem Atlantik mit einem langen Badestrand vor dem Boulevard quetsch sie sich von der Halbinsel in die Berge des Hinterlandes. Kleine Gassen mit Restaurants und Tischen davor bringen richtiges südländisches Flair. Abends essen wir dann auch in einem Lokal Mariscos also Meeresfrüchteplatte für zwei mit einer Flasche Albarino, dem hiesigen Wein. Beides sehr lecker.
Am Samstag sind wir entlang der Nordküste nach Camarina gefahren. Die See war glatt und der Wind kam auch nicht. So wird meine Segelbilanz wieder nicht ausgeglichen. Das kleine Fischerdorf ist bekannt für seine Klöppelarbeiten. In manchen Läden sitzen die alten Frauen auch immer noch und werfen die Klöppelhölzer in atemberaubender Geschwindigkeit durcheinander. Weiter hinten im Dorf habe ich auch noch einige alte Kornspeicher gefunden, die auf Steinsäulen gebaut wurden.
Der nächste Tag führte uns um das Cap Fisterra und entlang der Coste del Morte, der Todesküste.
Es war wieder wenig Wind, aber auch fast keine Welle. So haben wir den Spinnaker rausgeholt und diesmal hat er uns für fast 5 Stunden eine zügige Fahrt mit 5 kn beschert! In Puerto Pedras Negras, einem reinen Ferienort, sind wir über Nacht geblieben, um am nächsten Tag nach Vigo zu fahren. Immerhin haben wir vom Hafenmeister eine Flasche des hiesigen Weins geschenkt bekommen. Toll!
Mit einem schönen Wind sind wir in die Bucht von Vigo gekreuzt. Hinter den Inselbergen hat uns ein paar Mal eine Fallbö erwischt, die wir aber gut abfangen konnten. Vigo breitet sich dann ziemlich lange an der Südseite der Bucht aus und wir mussten etwas suchen bevor wir hinter dem Kreuzfahrer Pier die Einfahrt in den Yachthafen fanden. Der Hafenmeister hat uns in dem halbleeren Hafen auch gleich per Schlauchboot einen Platz zugewiesen und einen Türchip gegeben, damit wir den Steg verlassen können. Der Yachtclub ist etwas verlassen und hat seine besten Tage sicher schon vor vielen Jahren gehabt, aber für eine Nacht geht das auch mal. Die Stadt ist ein Durcheinander von Einkaufsmeile mit alten Häusern und einigen neuen Betonburgen dazwischen. Ein altes Viertel gibt’s auch noch und wird offensichtlich auch wieder hergerichtet und mit Neubauten, die auf alt getrimmt sind, ergänzt. Da wir mit den Lokalen nicht anfangen konnten haben wir unsere Nudeln vertilgt und wieder ein Flasche Wein geleert. Ja, die Vorräte müssen langsam verbraucht werden.
Nach Viana do Castello mussten wir wieder kreuzen, denn der Wind kam wieder einmal direkt von vorne. Die letzte Stunde sind wir dann doch noch mit Motor gefahren, um beim Abendlicht anzukommen. Am Außensteg im Fluß, kurz vor der historischen Eisenbahnbrücke (1896 von G. Eiffel erbaut) haben wir dann festgemacht. Die Stadt ist eine Erholung nach dem Chaos von Vigo. Lauter beschauliche Häuser, unzählige Gassen, kleine Läden und Restaurants und oben drüber eine große Kirche auf dem Berg. Wir sind dann am Mittwoch mit einer Kabelbahn für 3 € rauf gefahren und haben einen fantastischen Blick über die ganze Küste und das bergige Hinterland genossen. Abends gab es eine Dorade im Restaurant.
Der Donnerstag brachte uns wieder keinen Wind, und wir sind schon wieder mit Motor an der Küste entlang nach Povoa de Varzim gefahren. Ein Kilometer langer Strand mit vielen Urlaubern zieht sich an beiden Seiten der Stadt hin. Allerdings ist er nicht zum Baden zu gebrauchen, da die Atlantikdünung selbst bei Windstille mit großen Brechern dagegen platscht. Abends ist plötzlich ein kleiner Menschenauflauf am Hafen, und als ich – neugierig wie ich immer bin – hingehe, sehe ich, dass einige stämmige und energische Frauen auf Handwägen einige Kisten mit Fischen haben, die sie verkaufen. Ich kaufe auch 4 Doraden für 10 €, die es am Abend zu Reis und Tomaten gibt.
Am Freitag hilft mit Arnold noch beim Segel aufräumen, denn es ist langsam Zeit an die Organisation des Winterlagers zu denken. Schade, dass er morgen schon wieder nach Hause fliegt. Er war immer ein ruhiger und begeisterter Mitsegler und hat alle meine Marotten auch geduldig ertragen. Nun ist also kurz vor Porto erst Mal Schluss und ich muss die nächsten Ziele planen.